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Vorurteile über die Arbeit in einem Dominastudio

Unterschiedliche Arten von Sessions und Bezug zum Spielpartner

Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass es da draußen viele Menschen gibt, die viel Geld dafür bezahlen, einfach nur ausgepeitscht zu werden und dann mit dem gleichen distanzierten Händedruck, der ihnen bei der Begrüßung zuteil wurde aus dem Domina-Studio in die Freiheit entlassen zu werden. Bitte merken: Das ist nicht - bzw. nur ganz selten so. Natürlich gibt es die reine Form eines Masochisten, der tatsächlich ausschließlich über den physischen Schmerz Lust empfindet oder gar seine inneren Konflikte über dieses Ventil entladen kann oder aber sich selber durch Schmerz endlich mal spürt und mit diesen neuen Gefühlen in der Regel sogar ohne Orgasmus vollkommen glücklich ist. Dieser deutliche Masochist ist für mich zwar einfach zu behandeln, denn ich muss mich nur noch um die physische Ausarbeitung des vorher Besprochenen kümmern.

Jedoch kommt dieser Typ ganz selten vor.

Jeder, der ein kleines bisschen sexuell experimentiert, kann sich vorstellen, dass es schon alleine bei einer Fesselung ganz besonders auf das Gegenüber ankommt, damit man sich wirklich fallen lassen kann. Hierbei geht es nicht nur um das in diesem Zusammenhang fast inflationär gebrauchte Wort „Vertrauen“, sondern um den Menschen, bzw. oder insbesondere der zugeordneten Rolle.
Diese Bezüge können ganz unterschiedlicher Natur sein: Manchmal erhitzt es den Sub, den Top einfach nur anzubeten. Typische Praktiken hierbei sind zum Beispiel eine Fußwaschung des Masters durch den Sklaven oder beim Dirty-Talk fallen Sätze wie „Du bist ein Gott“, „Du bist so geil“ o.ä. Der Sub zieht seinen Lustgewinn bewusst aus seinem worshiping (engl. Wertschätzung) des Aktiven und unbewusst zusätzlich aus seiner eigenen Unterordnung.

Bei der zweiten Gruppe verschiebt sich der Fokus auf den Sub, der sich dann einfach mal mies und klein fühlen kann/darf. Er wird dabei z.B. viel angespuckt und beschimpft. Man kann sagen, die Gruppen unterscheiden sich lediglich in der Blickrichtung: In der ersten Gruppe entsteht das Knistern dadurch, dass der Sub zum Top aufblickt und in der zweiten Gruppe geht es darum, dass der Top auf den Sub hinabblickt.
Das lässt sich nicht immer so klar trennen, denn es kommt auch häufig eine Mischung aus beidem vor. Das Herausfinden wie viel von dieser- oder jener Gruppe im Sub steckt, verleiht dem Spiel zusätzlich eine angenehme Würze.

Teilnehmer meiner dritten und besonders großen Gruppe wollen für den Aktiven eher das Lustobjekt sein, das aufgrund der „Behandlung“ durch den Aktiven (wie diese dann auch immer ausfällt) Wertschätzung dem eigenen Körper gegenüber empfinden. Der Sub freut sich darüber, auf seinen Körper reduziert - also einfach mal als rein sexuelles Objekt wahrgenommen zu werden, kurz: den Vorstellungen und Wünschen des Tops zu entsprechen. Das gipfelt dann in Rape- (engl. Vergewaltigung-) Fantasien oder gar in der fast schon „mainstreamartigen Fantasie“, eine Hure zu sein, die für den Master anschaffen gehen darf und somit dann gleich Lustobjekt für mehrere Männer ist, dessen „Wert“ durch die Bezahlung noch deutlicher wird.

Ich stehe auf diese Fantasie so sehr, dass ich Stand-Up-Dirty-Talk-Monologe dazu abhalten könnte.

Bei der Hure, die für den Zuhälter hinhalten würde, sind wir dann auch schon in der Schnittfläche zu der letzten Gruppe, bei der der psychsoziale Bezug am deutlichsten wird: Der Rollenspieler. Neben dem Zuhälter, Daddy oder dem Arzt spiele ich zum Beispiel oftmals den Hetero aus der Jugend des Subs, der dessen Homosexualität scharf verurteilt und im Verlauf selber homosexuelle Neigungen latent durchblicken lässt oder zumindest ein wenig zulässt.

In allen diesen Gruppen werden die Gefühlslagen durch Schmerzen und Fesselungen lediglich unterstützt. Auch die Kleidung (Leder, Latex oder gar ein Arzt-Outfit sowie die Nacktheit des Sklaven) manifestieren lediglich das Rollenbild. In einer SM Sitzung geht es in der Regel um den Bezug, den die Spielpartner zueinander haben; Fesseln, Schmerzen und Lederstiefel dienen lediglich zur Unterstützung dessen.

Selbst der Patient in der Klinik-Sitzung, sei es die an den Augen verbundene Frau, die aufgrund des Masters Fesselkünste wehrlos an Seilen im Raum hängt oder gar der erwachsener Mann, der einem aus dem Babybett mit Windeln und Schnuller im Mund anschaut - alle stellen einen sozialen Bezug zu einem selber her. Das Feuer des gesamten Spieles wird durch die Persönlichkeiten entfacht, die diese Rollen ausfüllen.

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Autor: Dominus-Berlin

 

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